Darf der deutsche Steuerzahler denn überhaupt noch Hoffnung hegen?

Auch wenn Bundeswirtschaftsminister Brüderle (FDP) mit seinem „Aufschwung XL“ etwas hoch gegriffen hat, erlebt Deutschland momentan mit 2,2% das höchste Quartalswachstum seit der Wiedervereinigung, selbst wenn die Zahl eher mickrig im Vergleich zu China erscheint, das mit 10,3% Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal heute offiziell Japan als zweitgrößte Wirtschaftsnation abgelöst hat.

Für den deutschen Finanzminister jedoch stellen die heimischen Zahlen eine Freudenbotschaft dar, da sich Wolfgang Schäuble (CDU) dieses Jahr über sprudelnde Steuereinnahmen und die daraus resultierenden Mehreinnahmen von geschätzten 11 Milliarden Euro erfreuen darf. Der unerwartete Geldsegen warf allerdings bei einigen Politikern auch direkt die Frage auf, welche Wohltaten damit den Wählerinnen und Wählern vergönnt werden können. Doch obwohl die deutsche Nettokreditaufnahme dieses Jahr mit 58 Milliarden ganze 7 Milliarden niedriger als im Vorjahreszeitraum ausfällt und damit knapp die Maastrichtkriterien von 3% Neuverschuldung erfüllt, ist die in Artikel 115 Grundgesetz vorgeschriebene Haushaltskonsolidierung noch in weiter Ferne. Deswegen gibt es wirtschaftspolitisch nur zwei sinnvolle Wege, die beschritten werden können: einerseits eine Ordnungspolitik, die den Rahmen für nachhaltiges Wirtschaftswachstum setzt, andererseits die Haushaltskonsolidierung, um langfristig die Schuldenlast und die damit verbundene Zinsbelastung abzubauen.

Deswegen würde die Regierung falsche Signale setzten, wenn sie der Forderung einiger Unionspolitiker nachkäme, welche die Rücknahme der beschlossenen Kürzungen beim Kindergeld befürworten, wie das Handelsblatt berichtete. Denn auf lange Sicht kann der Staat es sich nicht leisten, ein Sozialsystem mit immer neuen Schulden zu unterhalten, das überlastet und chronisch unterfinanziert ist, alleine schon aus dem moralischem Grund der Generationengerechtigkeit.

Ein Schritt in die richtige Richtung ist allerdings die von Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) in der Bild am Sonntag angestoßene Debatte einer Neugliederung des Steuersystems, bei dem eine Vereinfachung der Steuererklärung im Mittelpunkt steht. Hierbei ist eine überraschende Zustimmung gerade aus den Reihen der Steuerberater gekommen, da selbst diese sich nur im schwer im ständig ändernden Gesetzesdschungel zurechtfinden können. Des weiteren scheinen zwei weitere, konkurrierende Konzepte aufzukommen. Das Erste aus dem Finanzministerium um Minister Schäuble, der „spürbare Steuererleichterung“ mit ausgabenneutralen Lösungen anstrebt, welche alleine schon der Logik nach nicht zu realisieren sind. Ein anderer Lösungsvorschlag ist aus dem Lager der FDP zu erwarten, in der eine Kommission aus Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, Otto Solms, Andreas Pinkwart und Volker Wissing gebildet wurde, die sich vor allem mit dem Mehrwertsteuerchaos auseinandersetzen wird.

Doch auch wenn diese Vorschläge richtig und notwenig sind, warnt der liberale Finanzexperte Frank Schäffler davor, eine Reform des überholten deutschen Steuersystems mit Trippelschritten anzugehen. Deswegen darf sich der geplagte Steuerzahler auch weiterhin fragen, ob, und wenn ja, wann, der große Durchbruch zur Steuerreform kommen wird.